Seit einigen Jahren habe ich mich als Künstlerin darauf spezialisiert, mit selbst gestalteten Papieren Collagen zu kleben. In diesem Artikel schreibe ich darüber, warum ich das Arbeiten als Collage-Künstlerin so liebe und was die künstlerische Arbeit für mich persönlich bedeutet.
1. Künstlerisches Arbeiten hilft mir meine Gefühle wiederzugeben
Leben ist keine eindimensionale Erfahrung. Im Gegenteil, meine Lebenserfahrung lehrt mich, dass das tägliche Erleben aus vielen kleinen Mini-Blitzlichtern, Eindrücken und Impulsen besteht. Sie fügen sich, wie eine Collage, zu einem Ganzen zusammen und prägen so unsere ganz persönliche Wahrnehmung einer erlebten Situation.
Bei meinen Spaziergängen im Wald beispielsweise nehme ich unterschiedliche Dinge wahr: die Vielfalt der Bäume, ihre Zweige und Blätterformen, die Blumen am Wegesrand oder das Rascheln der Kieselsteinchen unter meinen Füßen. Die Art und Weise, wie der Wind durch das Blätterdach streicht und auf dem See kleine Wellen treibt. Als Künstlerin bietet mir die Methode der Collage deshalb die Möglichkeit, genau diese Vielschichtigkeit von Erlebtem abzubilden. Ich nehme meine Eindrücke, und verbinde die kleinen und großen Empfindungen, die ich dabei gefühlt habe, in meinen Kunstwerken.
2. Die künstlerische Arbeit hat meine Wahrnehmung geschult
2004 meldete ich mich bei einem Töpferkurs an. Mein Ziel war es, Fliesen für ein Mosaikprojekt selbst zu produzieren. Das war, aus heutiger Sicht, der Einstieg in meine künstlerische Laufbahn. Die Fliesen sollten individuell und kreativ sein. Ich begann in Büchern und in meiner Umgebung nach interessanten und spannenden Texturen zu suchen, die in die Fliesengestaltung eingehen sollten. Beispiel bei mir: Bloggen ist perfekt für mich als Scanner-Persönlichkeit
Heute, rund 20 Jahre später, merke ich, dass genau diese Suche meine persönliche Wahrnehmung geschult hat. Ich gehe aufmerksam durch die Welt und sehe viele große und vor allem kleine Dinge, die andere oft nicht sehen. Das fällt mir immer dann auf, wenn ich meinem Umfeld meine Beobachtungen mitteile. Ich „sehe“ heute einfach so viel mehr und das bereichert mein persönliches Erleben.
3. Künstlerisches Arbeiten ermöglicht mir zu experimentieren
Ich bin vielseitig interessiert und probiere gerne verschiedene Dinge aus. In meiner künstlerischen Tätigkeit kann ich genau diesen Impulsen folgen. Ich kann einfach machen und ausprobieren, weil ich am Ende des Prozesses kein fertiges Produkt haben muss.
Zu Beginn meines künstlerischen Schaffens diente das Experimentieren dazu herauszufinden, was mir gefällt und was ich überhaupt machen möchte. Ich weiß jetzt, dass Collage die Ausdrucksform ist, die es mich möglich macht, meine Inspirationen und Emotionen in Bildsprache zu „übersetzen“. Das Zusammenfügen unterschiedlicher Papiere und Materialien ist spannend und macht mir Spaß. Ich bin eine Collage-Künstlerin.
Die Zielsetzung des Experimentierens hat sich dadurch für mich verändert. Da ich heute weiß, wie ich meine Inspiration in Bildsprache umsetzen möchte, experimentiere ich heute anders. Ich probiere nach wie vor viel aus, aber ich versuche dabei herauszufinden, wie die jeweilige Technik funktioniert und ob sie meinem künstlerischen Interesse und dem Prozess, den ich verfolge, dient.
4. Mein künstlerischer Prozess ist abwechslungsreich
Das Material für Collagen muss nicht selbst erstellt werden. Man kann auch einfach Ausschnitte aus Zeitungen zusammenfügen. Es ist eine künstlerische Technik, die schnell und intuitiv ist.
Ich habe aber schnell herausgefunden, dass ich eine große Freude daran habe, die verwendeten Collage-Materialien selbst zu machen. Ich liebe es eigene Schablonen und Stempel zu entwerfen und anschließend zu schneiden. Und es ist für mich ein wichtiger Bestandteil meines künstlerischen Arbeitens, mit den eigenen Schablonen und Stempeln Papiere für die Collagen herzustellen. Dabei verwende ich viele unterschiedliche Gestaltungstechniken wie Drucken, Malen und Mark Making.
5. Das künstlerische Arbeiten ist für mich ein Ausgleich zum Alltag
Meine Tage sind, wie bei vielen Menschen, mit Verantwortlichkeiten gefüllt, die nicht immer selbstgewählt sind. Ich weiß mittlerweile, dass ich super gut entspannen kann, wenn ich regelmäßig meinen künstlerischen Interessen nachgehe. Eine halbe Stunde Schablone schneiden oder Papiere drucken wirkt Wunder.
Die Mühen des Alltags verblassen und ich gehe in meinem Tun mit den Händen auf. Das Gefühl ein tolles Papier erstellt zu haben, dass eine Schablone genau das Abbild ergibt, nach welchem ich gesucht habe, erfüllt mich mit Zufriedenheit. Und wenn es mir gelungen ist, die unterschiedlichsten Papiere zu einer Collage zusammenzufügen, die meinen Ideen und Vorstellungen entspricht, bin ich glücklich.
6. Im künstlerischen Arbeiten lerne ich Lösungen zu finden und geduldig zu sein
Meine Collagen folgen keinem gradlinigen Entstehungsprozess. Sie bestehen aus mehreren Lagen, weil ich gelernt habe, dass jedes hinzugefügte Papier die Komposition und die Stimmung verändert. Da kann es leicht passieren, dass etwas, das vorher gut ausgesehen hat, jetzt nicht mehr funktioniert und überklebt werden muss. Es ist ein stetiger Prozess der Veränderung, der Anpassung und der Suche nach Lösungen. Immer wieder fordert mich mein eigenes Schaffen auf zurückzutreten, zu betrachten, wahrzunehmen und zu überlegen:
Was ist da? Wie passt das zusammen? Wie fühlt es sich an? Was könnte der nächste Schritt sein?
Je öfter ich diesem Rhythmus des Tuns folge, umso mehr entwickle ich Ideen, wie bestimmte bildnerische Fragestellungen von mir gelöst werden können. Ich habe gelernt, dass ich Papiere, die mir besonders gut gefallen, nicht direkt in den unteren Lagen meiner Collagen verwende und sie so eventuell dem Prozess opfern muss. Zudem habe ich herausgefunden, dass es für mich manchmal hilfreich ist, das angefangene Kunstwerk ruhen zu lassen, bevor ich aktionistisch die Lösung erzwingen will. Und ich freue mich, wenn es mir am Ende gelungen ist, ein Kunstwerk zu erschaffen, das für mich stimmig ist.
Die 6 Gründe geben einen interessanten Einblick in dein Wirken, der in Gesprächen bislang verborgen blieb! Gefällt mir!!